Mit dem Beginn der Ringparabel wurde es mucksmäuschenstill in der Aula des Gymnasiums. Diesen Ausschnitt des Lessing-Dramas, das sicherlich alle Deutsch-Grund- und Leistungskurse der Qualifikationsphase übergründlich analysiert und interpretiert haben, ließ sich das Publikum besonders aufmerksam vortragen, denn hier bündeln sich Lessings großartige und zeitlose Ideen und Ideale vom Menschsein, vom Umgang miteinander, von der Rolle der eigenen Religion und der Toleranz gegenüber anderen Religionen.

Das Drama „Nathan der Weise“ von Gotthold Ephraim Lessing, das für die beiden Jahrgänge der Qualifikationsphase Pflichtlektüre im Abitur ist, wurde am Dienstag, dem 5. April, ausschließlich für diese Schülerinnen und Schüler vom Theaterensemble Essen-Süd aufgeführt.

Dass der Originaltext gekürzt sein würde, hatten alle wohl geahnt, aber dass Szenen umgestellt, Sprecherrollen vertauscht, das Bühnenbild auf einen Koffer und ein übergroßes Schachspiel reduziert, die titelgebende Figur des Nathan – außer der Ringparabel – nicht viel zu sagen hatte und das „Friede-Freude-Eierkuchen“-Ende des Stückes komplett weggelassen wurde, hat doch die meisten überrascht. 

Im Gespräch mit der Schauspielerin und den Schauspielern im Anschluss an die Aufführung wurden genau diese Veränderungen der Textvorlage angesprochen und erklärt.

 

Das Ensemble hat dem Publikum sehr anschaulich vor Augen geführt, was das Medium Theater alles darf und kann: von dem Eingriff in den Originaltext über die Aufwertung der Frauenrolle, die Einbeziehung des Publikums zu Beleuchtungsassistenten, die Stimmen aus dem Bühnen-Off, die Reduktion der Requisiten bis hin zum Spiel mit Licht und Schatten – das alles kann der Deutschunterricht kaum vermitteln …